Wer sich auf eigene Kosten einen Strafverteidiger leisten konnte, war bisher als Untersuchungsgefangener klar im Vorteil, denn einen Pflichtverteidiger sah das Gesetz bisher erst dann als notwendig, wenn seit Unterbringung in der Anstalt mindestens 3 Monate vergangen sind. Doch bis dahin waren meist schon erste Weichen für das Verfahren gestellt, wie das Gespräch des Beschuldigten mit dem Haftrichter. Die Handlungs- und Verteidigungsmöglichkeiten waren aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen stark eingeschränkt. Dies ist seit dem Jahreswechsel grundlegend anders. Am 01. 01. 2010 ist das Gesetzes zur Änderung des Untersuchungshaftrechts in Kraft getreten.
Der Rechtsschutz für Untersuchungsgefangene ist nun deutlich rechtsstaatlicher ausgestaltet. So ist jetzt festgeschrieben, was viele aus amerikanischen TV- Sendungen als gängige Praxis vermuteten, dass ein Festgenommener unverzüglich bei der Festnahme über seine Rechte zu belehren ist. Bisher war dies ausreichend bei Beginn seiner Vernehmung. Eine weitere begrüßenswerte Novellierung besteht darin, dass in Untersuchungshaft Gefangene nun von Beginn der Inhaftierung an einen Pflichtverteidiger erhalten, so dass auch Gefangene mit kleinem Geldbeutel nun die Möglichkeit haben, sich sofort nach Beginn der Vollstreckung kompetent vertreten zu lassen. Für Inhaftierte und Verteidiger bringt die Reform weiterhin ein verbessertes Akteneinsichtsrecht grundsätzlich nun auch schon vor dem Abschluss der staatsanwaltlichen Ermittlungen. Dadurch ist ein effektiverer Rechtsschutz für Inhaftierte möglich, besonders für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Inhaftierung.
Mit diesen und weiteren Neuerungen wird sichergestellt, dass der Beschuldigte seine Rechte von Anfang an effektiv wahrnehmen kann. Bis zur rechtskräftigen Verurteilung liegt für einen Gefangenen ein tiefgreifender Grundrechtseingriff vor, denn jeder gilt bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig. Mit diesem Maßnahmenpaket wird endlich auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte Rechnung getragen.